Tabak und Politik

Hier finden sie folgende Beiträge:

01. Tabak und Rechtsextreme
02. Krieg und Tabak
03. Offener Brief gegen Zusammenarbeit mit Tabkkonzern
03A. Eine Stellungungnahme dazu
04. Der Einfluss der Tabakindustrie


Hintergrundinformationen zu diesem Thema finden sie außerdem in den rubrikenübergreifenden Artikeln auf der Seite "Hintergründe" oder über unsere Linksammlung.

Tabak und Rechtsextreme

Schon immer finanzieren sich Tabakkonzerne durch die Sucht anderer Menschen und damit auch durch deren Leiden. Das es ihnen nicht nur um die Suchtbefriedigung schon süchtiger Menschen geht, sondern auch um das gezielte Süchtig machen noch Gesunder beweist z.B. die Ausgabe von Zigaretten an Soldaten, auch an Nichtraucher durch die verschiedenen Tabakkonzerne während vieler Kriege.

Schon die NSDAP nutzte die Sucht der Menschen um entgegen ihren angeblichen Ziels eines gesunden Menschen, durch Tabakprodukte ihr totalitäres Regime zu finanzieren. Dazu verknüpfte sie auch Propaganda und finanzielle Interessen indem sie z.B. in die Zigarettenschachteln Sammelbilder für Kinder drucken lies.

Auch nach dem zweiten Weltkrieg nutzten immer wieder verschiedene rechte Organisation die Sucht der Menschen um sich zu finanzieren. Zum Beispiel finanzierten sich die United Clans of Amerika (UKA) eine mit dem Ku Klux Klan vergleichbare Organisation deren viele Verbrechen gegen Minderheiten nachgewiesen werden konnten, in den 1960ern und 1970ern durch den Verkauf von Tabakwaren.

Und auch heute noch werden durch den Tabakverkauf rechte und gewalttätige Organisationen unterstützt. So finanziert Phillip Morris, der Tabakkonzern der unter anderen die Marke Marlboro verkauft, den Wahlkampf von Georg W. Bush oder arbeitet mit der NRA zusammen. Außerdem wird ihm vorgeworfen mit der internationalen Mafia zu agieren. In diesem Zusammenhang hat auch die EU-Haushaltskommissarin Michaele Schreyer eine milliardenschwere Zivilklage gegen Philip Morris und RJ Reynolds wegen Tabakschmuggels eingereicht.

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Krieg und Tabak

Natürlich nutzten die Zigarettenkonzerne Kriege immer wieder dazu, durch das Verteilen von Zigaretten an Soldaten viele Menschen abhängig zu machen. Aber es gibt noch mehr Verknüpfungen zwischen Krieg und Tabak.

Seit Deutschland wieder an dem internationalen Kriegsgeschehen teilnimmt, hat sich auch die Erkenntnis durchgesetzt das es zwar nicht mehr am politischen Willen der Herrschenden fehlt Krieg zu führen aber sehr wohl an den nötigen finanziellen Mitteln.

Um diese Mittel zu bekommen wurde zum Beispiel im Rahmen des zweiten Antiterrorpaketes 2002, 1,5 Mrd. Euro der Tabaksteuererhöhung an die Bundeswehr weitergereicht. Und es wird immer noch geplant weitere Gelder durch neue Steuererhöhungen auf Tabakprodukte zu beschaffen. Natürlich wäre es auch möglich aus anderen Steuern den Finanzbedarf der Bundeswehr zu decken. Da die Gesamtgewinne des Bundes durch die Tabaksteuer jedoch mittlerweile bei über 14 Mrd. Euro liegen, wäre ein Ausfall dieser Steuereinnahmen ein wirkliches Problem.

Auch würde die bisherige Argumentation, die Steuern würden nur aus Sorge um die Gesundheit der Bevölkerung erhöht, bei zum Beispiel einer Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht greifen. Die Finanzierung eines Krieges würde also ohne die Tabaksteuer unweigerlich schwerer. Auch andere eher unbeliebte Maßnahmen des Bundes z.B. der Ausbau der Geheimdienste, die über die Tabaksteuer finanziert werden, wären ohne sie kaum zu finanzieren.

Rauchen erleichtert daher die Kriegsführung, und das nicht nur in Deutschland sondern mittlerweile in fast jedem Land.

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Offener Brief gegen Zusammenarbeit der Landesvereinigung für Gesundheit Sachsen-Anhalt mit Tabakkonzern

An den Vorstand
der Landesvereinigung für Gesundheit Sachsen-Anhalt
Herrn Prof. Dr. Andreas Geiger, (schriftlich)

an die Geschäftsführerin
der Landesvereinigung für Gesundheit Sachsen-Anhalt,
Frau Martina Kolbe (schriftlich)

und an die Damen und Herren des wissenschaftlichen Beirates der Landesvereinigung für Gesundheit Sachsen-Anhalt (nachrichtlich per E-Mail)


Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Andreas Geiger,
sehr geehrte Frau Kolbe,
sehr geehrte Damen und Herren

ich wende mich in meiner Funktion als Hochschullehrer im Studiengang "Gesundheitsförderung und -management" an der Hochschule Magdeburg-Stendal (FH), als Projektverantwortlicher im bundesweiten "Arbeitskreis Gesundheitsfördernde Hochschulen" und als Mitglied im "Netzwerk Kindergesundheit" an Sie, um in Bezug auf einen öffentlichen Vorgang entschiedenen Protest anzumelden, der zentralen gesundheitsförderlichen und bildungsbezogenen Zielen der Hochschule Magdeburg-Stendal (FH) und der Landesvereinigung für Gesundheit Sachsen-Anhalt in eklatanter Weise entgegensteht.

Auslöser meiner massiven Empörung ist der Einladungsflyer [A1] der Landesvereinigung für Gesundheit Sachsen-Anhalt (LVG-LSA) zum 14. Oktober 2004 zu einem Parlamentarischen Abend im Palais am Fürstenwall unter dem Motto: "Gesundheitsziele für Sachsen-Anhalt", von dem ich Kenntnis im Rahmen der Tagung "Umwelt-Tabak-Gesundheit" [A7] am 16.10. an der Hochschule Magdeburg-Stendal (FH) erhielt.

Anlässlich dieser Tagung wurden u.a. verschiedene Fachvorträge von Referenten des Robert Koch-Instituts, des Deutschen Krebsforschungszentrums, der Initiative des Vereins "Forum Rauchfrei in Berlin" u.a. zum Thema "Verflechtungen von Tabakindustrie und Politik [A4; A5]" gehalten. In einer Arbeitsgruppe wurde als ein frisches Zeugnis solcher Verflechtungen der o.g. Flyer präsentiert.

Auf der Rückseite des Einladungsflyers heißt es: "Der Parlamentarische Abend findet mit freundlicher Unterstützung dieser Partner statt"; die dann im Folgenden aufgeführt werden. Einer dieser "Partner" ist der Tabakkonzern Philip Morris, dessen Logo sich auch noch ,Seit' an Seit' mit dem Logo der Hochschule Magdeburg-Stendal (FH) als Sponsoren wiederfindet [A1]. Um meine Irritation nachvollziehbar zu machen, muss an dieser Stelle wohl offensichtlich noch einmal darauf hingewiesen werden, dass eines der fünf Gesundheitsziele in Sachsen-Anhalt seit Januar 2004 lautet:

Senkung des Anteils an Rauchern (und Raucherinnen) in der Bevölkerung und der alkoholbedingten Gesundheitsschäden auf Bundesdurchschnitt!

Ich halte diese freundliche Partnerschaft aus fachlichen und politischen Gründen für ausgesprochen fragwürdig, ja geradezu empörend und für die Hochschule und die Landesvereinigung für beschämend, und bitte daher den wissenschaftlichen Beirat der LVG-LSA öffentlich um eine fachliche Stellungnahme in dieser Angelegenheit und insbesondere zu den daraus abzuleitenden Konsequenzen.

Ich halte - um weiteren Schaden von den für die Prävention und Gesundheitsförderung in Sachsen-Anhalt arbeitenden Personen und Organisationen abzuhalten und die Glaubwürdigkeit (der Mitglieder) der Hochschule und der Landesvereinigung in allen Zielen wieder herzustellen - eine sofortige Kündigung des Vertrages mit dem Tabakkonzern Philip Morris für unabdingbar und fordere die gleichzeitige Offenlegung der Vertragsvereinbarungen und bisherigen Zahlungen.


Begründung:

Die LVG-LSA ist nach meiner Kenntnis bundesweit die einzige Organisation, die von der Tabakindustrie offen Geld erhält, dies nach außen kommuniziert und gleichzeitig mit öffentlichen Geldern beauftragt wird, die Tabakprävention auf Länderebene voranzutreiben.

Das von Philip Morris finanziell getragene Projekt "Gesundheitskoffer" der LVG-LSA ist mir seit der Veröffentlichung in der Magdeburger Volksstimme vom 25.9.2002 [A2] und der Dokumentation durch Philip Morris im Internet [A3] bekannt. Bereits damals äußerst umstritten haben sich in der Zwischenzeit die Rahmenbedingungen verändert:


1) Verstoß gegen WHO-Codex

Es gibt keine fachlich unabhängige Organisation im Gesundheitsbereich in Deutschland, die unter den in den letzten Jahren aufgedeckten Zusammenhängen zwischen der Einflussnahme der Zigarettenindustrie auf die Politik sich noch "Gesundheitsarbeit" durch Firmen der Tabakindustrie finanzieren lässt oder dieses erwägen würde. Da die LVG-LSA sich den Statuten der WHO per Vereinssatzung verpflichtet fühlt, ist dies eindeutig ein Verstoß gegen den Codex der WHO, die sich in Bezug zur Zusammenarbeit mit der Zigarettenindustrie zutiefst ablehnend geäußert hat. Die LVG-LSA hat sich aus meiner Sicht ohne Not in dieser Angelegenheit in eine vollkommene Außenseiterposition begeben. Dies gilt auch ausdrücklich in Bezug auf den Vertrag der Bundesgesundheitsministerin mit der Tabakindustrie, bei der der Verband der Zigarettenindustrie allerdings Wert darauf legt, öffentlich nicht in Erscheinung zu treten [A4].


2) Zielkonflikt zwischen Gesundheitszielen der LVG-LSA und wirtschaftlichen Zielen des "Partners"

Die LVG-LSA hat im Laufe dieses Jahres die Verantwortung für den Gesundheitszielprozess vom Land Sachsen-Anhalt übertragen bekommen. Die aktuelle Studie "Moderne Drogen- und Suchtprävention" (MODRUS III) des Landes Sachsen-Anhalt offenbart Zahlen zur Tabakabhängigkeit Jugendlicher, insbesondere von Mädchen, die selbst für Deutschland exorbitant hoch sind und längst einen konzertierten Maßnahmeplan aller Verantwortlichen im Land Sachsen-Anhalt erfordert hätte. Damit muss es zwangsläufig zu einem Zielkonflikt mit Philip Morris als weiterem Geldgeber der LVG-LSA kommen. Ich finde es unerträglich, dass eine Organisation einerseits öffentliche Gelder erhält und gleichzeitig Geld von derjenigen Seite annimmt, die politisch seit Jahrzehnten alles, aber auch wirklich alles unternimmt, die Tabakprävention in Deutschland zu unterlaufen.


3) Parlamentarischer Abend für Tabaklobbyisten?

Wäre eine gesundheitsorientierte Projektförderung der Tabakindustrie für sich genommen bereits ein ausreichender Anlass zu protestieren, bietet die LVG-LSA darüber hinaus auch noch den Vertretern der Tabakindustrie über den Parlamentarischen Abend eine Plattform, um mit Entscheidungsträgern in Sachsen-Anhalt zusammen zu treffen und Lobbyarbeit gegen die Verfolgung der Gesundheitsziele zu betreiben. Das ist schon starker Tobak!


Prof. Dr. Thomas Hartmann


Anlagen:

[A1] Rückseite des Einladungsflyers der LVG-LSA zum Parlamentarischen Abend am 14.10.2004

[A2] Magdeburger Volksstimme vom 25.9.2002: "Gesundheitskoffer soll Schüler fit machen"

[A3] "Gesundheitsprojekte" von Philip Morris unter [http://www.pmintl.de/pages/stories/Feature_7_DE.asp]

[A4] Forum Rauchfrei in Berlin (Hg): Gegen Sponsoring durch Tabakindustrie. Eine Dokumentation von J. Spatz

[A5] Stern 45/2002: Kämpfer für den Qualm; Georg Wedemeyer

[A6] Der vorliegende Brief an der Vorstandsvorsitzenden der LVG-LSA als Datei

[A7] Informationen zur Tagung "Umwelt-Tabak-Gesundheit' unter: [http://www.alles-ueber-tabak.de]


Fachliche Informationen zur Tabakprävention u.a. hier:
http://www.tabakkontrolle.de


Prof. Dr. rer. nat. Thomas Hartmann
Hochschule Magdeburg-Stendal (FH)
FB Sozial- und Gesundheitswesen

Zusammenfassung der Reaktionen zum Offenen Brief mit Stellungnahme [Stand: 08/2006]



Der Einfluss der Tabakindustrie
Ein aktuellerer Text zu dem Einfluss der Tabakindustrie

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